Die Entstehung der Schützenbruderschaft St. Sebastian Balve

Die Balver Schützenbruderschaft ist aus der bürgerlichen mittelalterlichen Stadtwehr hervorgegangen, deren Mitglieder sich meistens in Anlehnung an die Kirche unter den Schutz eines Heiligen stellten, bestimmte kirchliche Verpflichtungen übernahmen und richtige kirchliche Bruderschaften bildeten (Balver Buch Seite 273). Ihre Ideale und ursprüngliche Aufgabe standen unter den Worten: Glaube, Sitte und Heimat.

Ganz allgemein kann man wohl sagen, dass die Schützengemeinschaften im kurkölnischen Sauerland, z. B. in Brilon, Werl, Rüthen und anderen Nachbarstädten, etwa seit dem Jahre 1400 nachweisbar sind.

Für das Amt Balve und die Umgegend läßt sich das genaue Alter der einzelnen Bruderschaften aus den Archivalen nicht genau nachweisen. Alle Historiker sind sich darüber einig, dass der Ursprung der Schützenwehren und Bruderschaften mit den Stadt- und Freiheitsgründungen zusammenhängen. Dieses können wir auch mit gutem Recht für Allendorf, Affeln, Balve und Arnsberg annehmen.

Diese bruderschaftlichen Bürgerwehren mußten sich fleißig an den Waffen üben und schlossen sich in militärischen Ordnungen unter Hauptleuten und Offizieren kompanieweise in alten und jungen Mannschaften zusammen.

Der erste größere Zusammenschluß der Balver Bürger geschah mit der Verleihung der Stadtrechte am 22. Oktober 1430, und zwar in der sogenannten Bürgerwehr oder auch Schützenbruderschaft. Zu diesem Zeitpunkt wurden in Balve auch die Stadtmauern gebaut. Um diese Stadtmauern verteidigen zu können, war eine Bürgerwehr vorhanden. In unruhigen Zeiten – und die gab es immer wieder – trat ein erhöhter Selbstschutz durch die Bürger ein.

Die Aufgabe der Schützenbruderschaften bestand vor allem im Schutze der Heimat.

Um diesen Zweck besser erfüllen zu können, waren die örtlichen Schützenwehren in Amtsverbänden zusammengeschlossen, die unter dem Befehl des Amtsdrosten und dem Kommando eines Anführers standen. Im Amt Balve umfaßten diese Verbände um das Jahr 1590 etwa 400 bis 500 Leute. Auf Anordnung des Amtsdrosten mussten die Schützenwehren die Wolfsjagden durchführen (1650), Landwehren gegen die Plettenberger Grenze bauen (um 1570) und besonders in den immerwährenden mittelalterlichen Grenz- und Markenstreitigkeiten die Waldungen und Viehherden gegen märkische Übergriffe und Räubereien und Waldverwüstungen schützen (1500–1730). Weiter mussten sie für den Schutz der Landstraßen sorgen, örtliche Verteidigungen in Affeln schaffen (1590) und die Stadtgräben in Balve entschlammen helfen (um 1640). Daneben wurden sie immer wieder gerufen, vagabundierende Soldatenbanden und Zigeuner fortzutreiben und Deserteure, Diebe, Verbrecher, Räuber und andere Missetäter einzufangen.

Ähnlich wie bei den Zünften und Gilden stellten sich die Schützenwehren unter den Schutz eines Heiligen, sie bildeten regelrechte Bruderschaften und unternahmen religiöse Verpflichtungen und Aufgaben. Ihre Banner zierten religiöse Symbole.

Diese aufgeführten Anhaltspunkte tauchen in den folgenden Unterlagen von Zeit zu Zeit auf. Viele ältere Unterlagen – wie Protokolle vor 1900 – sind leider in den Wirren der Zeit – 30jähriger und 7jähriger Krieg, Stadtbrand und den Religionswirren – verlorengegangen.

Auf einigen Medaillen und auch auf der Fahne der I. Kompanie stehen die Jahreszahlen 1430 – Verleihung der Stadtrechte – und 1608. 1608 wurden konfessionelle Bündnisse, die katholische Liga und die evangelische Union gebildet. Diese Bündnisse entstanden durch die Verschärfung des Religionsstreites durch die Gegenreformation sowie politische Gegensätze unter den Reichsständen. An diese Bündnisse erinnert die Jahreszahl 1608.

Aus dem Stadtarchiv bzw. Kreisarchiv ist das Vogelschießen erstmalig 1663 – wie auch folgend eingesehen werden kann – und von da ab jährlich nachzuweisen. Diese Unterlagen konnten wir anhand von Stadtrechnungen, da die Stadt z. B. Holz für eine neue Vogelruthe (Vogelstange) bezahlen mußte, im Archiv ausfindig machen.

Dass vor dieser Zeit in den sehr dürftig von 1627 ab vorliegenden Stadtrechnungen das Fest nicht erwähnt wird, hat bestimmt seinen einfachen Grund darin, dass, wie überall in den beschwerlichen Zeiten – wie oben bereits erwähnt – und in den nächsten folgenden Notjahren die Feier unterblieben ist.

Das Vogelschießen fand in Balve im 17. Jahrhundert am Pfingstmontag und im 18. Jahrhundert auf Pfingstdienstag statt. Erst um 1750 verlegte man das Fest auf Sankt Jacobi – 25. Juli. Im Jahre 1801 lebten die Schützenfeste wieder auf (siehe das Ratsprotokoll vom 21. 5. 1801, welches in diesem Buch aufgeführt ist).

Als Patrone werden seit dieser Zeit genannt: die Hl. Agatha und Sankt Blasius,

letzterer wohl als Patron der Pfarrkirche. Als Zweck des Vereins nennt der Satzungsparagraph: Friede und Einigkeit unter den Bürgern zu erhalten und zu fördern und bei einem alljährlich zu begehenden Feste alle Gesellschaftsklassen ohne Unterschied des Ranges, Standes und Vermögens zu einer schönen Festesfeier und froher Geselligkeit mit Vogelschießen zu vereinigen. Diesem Grundsatz ist man im Laufe der Zeit treu geblieben.

Der Schützenkönig erhielt als Zeichen seiner Würde bis um 1670 einen neuen Hut. In späteren Jahren schenkte man ihm den „Königsthaler“, wofür er sich den Hut kaufen musste. Auf dem Volksfest gab es ein besonders kräftiges Bier, und die Frauenwelt wurde mit Brezeln und Honigbier bewirtet. Für Musik sorgten eigens bestellte Kapellen, bestehend aus Trummenschlägern, Hornbläsern, Flötisten und Geigern.

Ein buntgekleideter Schützengeck trat als Volksnarr in Erscheinung und sorgte für allgemeine Belustigung. Für die Schuljugend waren eigene Kindertänze vorgesehen.

Am 27. November 1807 wird verfügt, dass jeder Bürger und Hausbesitzer eine Waffe im Schlafzimmer haben muss. Auf den Alarmschuß hin, der vom Nachtwächter ausgelöst wird, hat jeder Einwohner zur Stelle zu eilen und Hilfe zu leisten. Vertrauenswürdige Personen sollen nach Langenholthausen, Beckum, Garbeck und Mellen laufen, die Bauern wecken, die mit nötiger Hilfe herbeieilen und die Straßen besetzen sollen.

Aus dem Stadtarchiv geht auch hervor, dass die Stadt im Jahre 1840 vor der Höhle einen Schützenplatz anlegte, wozu man die Erd- und Geröllmassen der Balver Höhle benutzte (Balver Buch Seite 39). Der Eingang war damals kaum 1,60 Meter hoch.

Man benutzte die Lehmmassen wegen ihres Phosphorgehaltes als Düngemittel für die Felder.

anzeige11
ANZEIGE IM ALTENAER KREISBLATT

Daraus geht hervor, dass nach dem Anlegen des Schützenplatzes in der Helle Schützenfest gefeiert wurde. Vor dieser Zeit wurde das Schützenfest am Darloh unter besonders aufgeschlagenen Zelten gefeiert.

Nach der ersten Ausgrabungsperiode 1843/44 ruhten die offiziellen Ausgrabungen, da die Höhle im vorderen Bereich vollständig untersucht war.

Es ist zu vermuten, dass ab 1845 das Schützenfest in der Höhle gefeiert wurde, und zwar nur in diesem vorderen Bereich. Um 1870 wurden die beiden Höhlenarme untersucht und ebenfalls ausgeleert. In einem Protokoll vom 8. Juli 1869 erhält der Schützenverein von der Stadt die Erlaubnis, ein Schützenfest in der Balver Höhle zu feiern. 1879 wird erstmals in einem Protokoll vom Kriegerverein die Verlegung eines Tanzfußbodens aus Holz in der Höhle erwähnt.

Offiziell wurde der Verein als Bruderschaft geführt bis zum Jahre 1858. In der ersten auffindbaren Satzung heißt dieser Verein „Schützenverein“ bis zum Jahre 1946. 1946 wurden alle bestehenden Vereine von der Militärregierung aufgelöst. Nach der Neugründung 1947 nannte sich der Verein: Schützenbruderschaft St. Sebastian Balve e. V.

 

1430 = Bau der Stadtmauern in Balve und Verleihung der Stadtrechte. Zur Bewachung der Mauern hat eine Bürgerwehr bestanden, aus der die spätere Schützenbruderschaft hervorgeht.
1456 = Es wird innerhalb der Stadtmauern in der Nähe des Rathauses/Volksbank eine Stadtkapelle gebaut, da die Pfarrkirche außerhalb der Stadtmauern steht. Die Erbauung der Stadtkapelle führt zur Errichtung einer Vikariestelle, die von wohlhabenden Pfarreingesessenen aus Balve, Garbeck, Eisborn, Beckum, Langenholthausen und Mellen – also vom ganzen Kirchspiel – bezahlt wird.Diese Kapelle steht unter dem Patronat des Hl. Sebastianus und scheint in Beziehung mit der Gründung der Schützenbruderschaft zu stehen – Bericht von J. Pütter.

Die Kapelle wird 1820 abgerissen, da sie baufällig und ein Verkehrshindernis ist. Die Steine wurden für den Bau der 1. Kapelle verwandt.

1608 = Es werden konfessionelle Bündnisse geschlossen: Die katholische Liga und die evangelische Union. Diese Bündnisse entstehen durch die Verschärfung des Religionsstreites.Diese Jahreszahl taucht später auf unseren Schützenmedaillen wieder auf. Nicht von ungefähr haben sich um diese Zeit Bürger zu Schutzwehren zusammengeschlossen.

1608 schlossen die Protestanten die Verteidigungs-„Union“ zu Ahausen. Diesem Bündnis folgte schon im Jahre 1609 das Gegenbündnis unter dem Bayernherzog Maximilian – die katholische Liga.

Schon in den Jahren vorher hatten sich die Gegensätze zwischen katholischen und protestantischen Landen sehr verschärft, und der beginnende Glaubenskrieg warf seine Schatten voraus.

Als um 1618 der „Große Krieg“ in Deutschland ausbrach, der 30 Jahre dauerte und im Westfälischen Frieden, der 1648 in Münster geschlossen wurde, sein Ende fand, war die hiesige Gegend immer Grenzland. In zeitgenössischen Berichten kann man erfahren, gegen welche Unbill sich die Bevölkerung zur Wehr setzen musste. Wie stark gerade die Bevölkerung unter den verschiedenen Heeren zu leiden hatte und dass viele Heerführer den Sold für ihre Soldaten aus der Bevölkerung herauspressten.

Man kann verstehen, dass zu solchen Zeiten Bürgerwehren, die ihr Gemeinwesen vor den Übergriffen marodierender Heerhaufen zu schützen versuchten, von den Bürgern unterstützt und gefördert wurden.

Im Reichsarchiv zu Stockholm findet sich eine Liste über das, was während dieses Krieges in Deutschland vernichtet wurde:

Schlösser: Städte: Dörfer:
Summa: 1.976 1.629 18.310
Davon allein in Westfalen: 119 97 1.019

Nicht zuletzt hat die Erfahrung dieses Krieges vielerorts zur Gründung und Erstarkung der Schützen beigetragen.

Die ä l t e s t e Eintragung aus dem Jahre 1663

Die älteste und auch erste Eintragung, welche im Stadtarchiv gefunden werden konnte – Fortsetzung des Textes auf der nächsten Seite. Daraus geht hervor, dass 1663 bereits ein Schützenverein oder eine ähnliche Gruppierung wie Bürgerwehr bestanden hat.

aelteste_eintrag13

x Item = dto. für deß Koenigs huds = hut
auf dem Vogell Schießen ver ? – 1 Th 75 Sh 6 Pf

rechnung_stadt14
Rechnung der Stadt Balve
durch den Kämmerer ?
? zu berechnen
de no 1663. Sie erhalten das
14. jan: 1664

1663
medal_garbeck15
Königsmedaille der Schützenbruderschaft Garbeck

Die Schützenbruderschaft Garbeck kann ihr Bestehen ebenfalls seit dem Jahre 1663 nachweisen durch diese vorhandene Königsmedaille.

Aus diesem Jahre datiert ihr wertvollstes Schmuckstück, der „Ehrenschild des Schützenkönigs“, auf dessen Plakette sich die eingravierte Darstellung eines Trappenhahnes in Balzstellung mit folgender Umschrift befindet:

Ao. – 1663 – DEN I. MAY – HABEN – DIE – GARBECKS – SCHÜTZEN – DISEN – VOGEL – ZUR – GEDECHTNUS – MACHEN – LASEN.

Die Jahreszahlen beziehen sich auf Auszüge aus Stadtrechnungen aus den genannten Jahren, in denen es um Belange der Schützen geht. Die Texte wurden soaufgenommen wie in den Rechnungen, Protokollen usw. vorgefunden.

 

1665 = Auf Pfingsten den Königshut gekauft = 1 Reichsthaler, 20 Schl.
1669 = Der Weihbischoff kommt nach Balve zur Firmung.
Da haben die Schützenbrüder in ihren „Kottenköppen“ Salut geschossen.
1670 = Den Vogel machen, und dem Schmied vor die Plate = 10 Schl.
Dem König und dem Vogelschießen = 1 Thaler.
Der Schützenkönig erhält einen Hut. In späteren Zeiten schenkte man ihm den „Königsthaler“, wofür er sich den Hut kaufen mußte.
1691 = Auf dem Vogelschießen einen Thaler für den neuen Hut aufgesetzt und den Hut nachher beim Hutmacher unter Zuzahlung getauscht = 1 Rthlr., 20 Schl. Auf Pfingsten die Stange des Fähnleins repariert.vogelschieesen_16
x 20 May ? Wocklum
grafs alda die Herrschaft
zum Vogelschießen zu invitieren = einladen 4 Sh
Dem Schmitt für die Plate
unter dem Vogel zu machen,
gegeben 9 Sh
ein doppeltes Gulden zum Vogelschießen zum Aufsetzen müßen 1 Th 73 Sh 6 Pfg
19. February 1691
1692 = Balver und Garbecker Schützen nehmen an der St. Blasi-Prozession in Balve teil.
1700 = Neue Riemen zur Trommen und selbe überziehen lassen = 9 Schl.
Tromme = Trommel.
Den Bürgern drei Tonnen Bier auf Pfingsten zum Besten geben = 4 Thlr.
Einen Baum zur neuen Vogelruthe (Vogelstange) gehauen, verzehrt = 6 Schl.
1701 = Wegen der alten Vogelruthe erhalten = 2 Schl.
An beiden Fähnlein 18 Schillinge gelegt. Dem Maler, so das Stadtwappen (darauf) gemacht = 18 Schl.
1709 = Den Schützenbrüdern, als sie den Johannes Baulmann vor Gericht gebracht, Verzehrung von 10 Schillingen gegeben.
1710 = Der Pastor gibt den Schützen 2 Thaler zum Ankauf von schwarzem Kornschußpulver.
1711 = Vor ein Jagdhorn, Boddelohn und Überziehung vor dem Sattler = 2 Rthlr.
1717 = Dem Holzrichter das Stammgeld wegen der Vogelruthe = 6 Schl.
Bei Aufrichten dieser Ruthe Verzehrung auf Stadtkösten = 8 Schl.
Danebst dem Schmied vor Arbeitslohn = 20 Schl.
Und den Zimmerleuten so die Ruthe gefertigt = 1 Thr.
1718 = Dem Schmied vor ein Eisen zur Vogelruthe = 12 Schl.
Beim Vogelschießenfest an Bier zahlen müssen = 3 Thaler.
Wie überall, so gab es auch hier zu Schützenfest Freibier, das wenigstens zum Teil die Stadt stiftete. Dieses „Bürgerbier“ musste besonders gut und sorgfältig bereitet sein. Es lag deshalb die Gefahr nahe, dass gar mancher Schützenbruder in die Versuchung zur Unmäßigkeit kam.Deshalb bestimmte die alte kurkölnische Polizeiverordnung:
„Es sollen die Schützenkompagnien jedes Ortes im Stand erhalten, gleichwohl aber dabei die übermäßige Gezäch und Zehrungen auch nicht gelitten werden“.
1723 = Die Vogelruthe wiedermachen lassen = 13 Schl.
1744 = Dem Tambour geben müssen = 1 Rthlr.
Das Holz zur Vogelruthe angewiesen = 6 Schl.
Die Vogelruthe mit den Zimmerleuten acordirt (übereinkommen) = 15 Schl.
Meister Johann König vor das Eisern und die Arbeit = 22 Schl.
1745 = Die Herren Musikanten bei Herrn Bürgermeister Cramer an Essen und Trinken verzehrt für 2 Thaler. Vielleicht hat man sich in diesem Jahre eine größere Anzahl Musikanten zum Feste bestellt.
1750 = Das Schützenfest, verbunden mit dem Vogelschießen, wird auf den 25. Juli verlegt.
1753 = Neue Pöste unter die Vogelruthe machen lassen = 25 Schl.
Die Geistlichkeit und die Schützenfrauen bewirten nach der Prozessionsfeier die Bettler und die Krüppel auf dem Pfarrhof.
neuevogelstange18
x Die Neue Vogel Stange zu machen
zur reparieren, woran Hermann Griesenbrauck
und Bernd Becker vier Tage gearbeitet
jedem täglich vier massen Bier                              32 Schl.
1754 = Dem Stephan Griesenbrauk, nachdem dieser das von der gnädigen Herrschaft zu Wocklum hiesiger Stadt verehrte Fähnlein überbracht, zu Trinkgeld geben = 27 Schl.
Nach dem Vogelschießen für übrig getrunkenes Bier zahlen müssen = 7 Thaler.
Das Schützenfest war in Balve seit alters ein allgemeines Volksfest, an dem nach den ältesten Statuten jeder Schützenbruder ohne Unterschied des Ranges, Standes und Vermögens teilnehmen sollte.
So ist es auch erklärlich, dass von jeher die geistlichen wie weltlichen Obrigkeiten dazu besondere Einladungen erhielten und zum Feste erschienen.
1755 = Wie die Vogelruthe ausgehobem, ist den Bürgern und Zimmerleuten zum Besten geben = 36 Schl.
1789 = Der große Brand am 23. Juli entsteht im Hause eines Wirtes, der mit dem Brauen des Bieres für das herannahende Schützenfest beschäftigt ist.
1797 = Im Mühlenkamp liegendes Gehölz von der Vogelstange verkauft, davon 15 Schilling zu einer heiligen Messe für verstorbene Schützenbrüder angewandt.
1798 = Die Neue Vogel Stange zu machen zu Reparieren, woran Hermann Griesenbrauck und Berndt Becker vier Tage gearbeitet jedem täglich vier massen Bier = 32 Schl.

Es ist schon erstaunlich, dass die ersten Erwähnungen der Schützenbruderschaft in unserer Stadt in Stadtrechnungen zu finden sind, die immer in irgendeiner Form mit dem Vogelschießen zu tun haben.

Von daher erhebt sich schon die Frage, weshalb auf den Vogel und nicht auf ein Scheibe oder ähnliches geschossen wurde. Sicherlich ist klar, dass heutzutage vielfach der Schützenkönig durch Scheibenschießen ermittelt wird, z. B. in Neuenrade.

In „Keysers kleine Kulturgeschichte: Schützengilden – Ursprung – Tradition – Entwicklung“ vertritt hierzu der Autor Hans-Thorald Michaelis folgende einleuchtende Theorie:

Die Schützengesellschaften entwickelten sich im Laufe des 13. Jahrhunderts. Die Hauptaufgabe der damaligen Schützen lag in erster Linie in der Verteidigung der Städte. Dabei handelte es sich um eine Art Eliteeinheit, die im Umgang mit neu eingeführten Schusswaffen gut trainiert war.

Zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft wurden regelmäßige Schießübungen, häufig verbunden mit einer Festfeier, abgehalten. Dabei wurde in der Regel der beste Schütze ermittelt, der einen Preis erhielt.

Beim Schießen auf einen Vogel, der zu Beginn des Schützenwesens ein lebendiger Vogel gewesen ist, handelt es sich um einen Brauch, der nach Michaelis Meinung aus der Zeit der Tieropfer herrührt – also als Relikt einer mythischen Kulthandlung anzusehen ist.